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JAHR-BUCH Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde

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(ERSTE HÄLFTE)

1905.

METZ VERLAG VON G. SCRIBA

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JAHR-BUCH

der

Gesellschaft für lothringische Geschichte und

Altertumskunde

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SIEBZEHNTER JAHRGANG

(ERSTE HÄLFTE)

1905.

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ANNUAIRE

SOCIETE D'HISTOIRE ET D’ARCHEOLOGIE LORRAINE

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DIX-SEPTIEME ANNÉE

(PREMIÈRE PARTIE)

1908.

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PROTEKTOR:

SE. Masestärt Kaiser WicHez Il

DEINER DURCHLAUCHT

DEM

FÜRSTEN HERMANN ZU HOHENLOHE-LANGENBURG

KAISERLICHEM STATTHALTER IN ELSASS-LOTHRINGEN

EHRERBIETIGST ZUGERIGNET.

meer er TER WE

Durchlauchtigjfer Fürft

Gr Durchlaucht haben jederzeit der Tätigkeit unferer Gefelijchaff die lebhaftefle Teilnahme zuge- wandf und unfere Arbeiten in reichffem Maße zu unferffüßen und zu fördern geruht. Als Zeichen unferer dauernden aufrichtigen Dankbarkeit bitten wir Guer Durchlaucht die Widmung des vorliegenden Dandes gütigf annehmen zu wollen.

Der Vorfland

der Gejelliehaft für lothringilhe Gefchichte und Altertumskunde.

Inhaltsübersicht. Table des matières,

1. Geschichte der älteren lothringischen Eisenindustrie von Dr. A. Weyhmann,

Leipzig.

Ueberblick über die Entwicklung der Technik im Eisenhüttenwesen .

Seit wann giebt es eine lothringische Eisenindustrie ?

Im frühen Mittelalter . . . RT NUR ME.

Die ältesten Urkunden (15. Tau ARE D RTE

Die Schmieden im Brieyer Walde. Ihre HUGUES mit ae Der erste Eisenhammer mit Wasserkraft-Betrieb

Das Kassenbuch der Pachtschmieden (1324—1327) :

Die weitere Entwicklung der Pachtschmieden. Die Hayinger Folie schmieden. Das Verhältnis zu Bannöfen, Bannmühlen, Bannkeltern

Die Erstreckung des Absatzgebiets. Eisenschmieden der Stadt Metz. Niedergang der Barischen Waldschmieden. Entstehen neuer Wasser- hämmer . . . A D Lo tn Me br re re PEER

Die herzogliche Eisenhütte von a und das Regie-System RTS BTP Ce ee . Ma se

Verpachtung der Hütte von Moyeuvre an de & C hartinet 1566_1572. Wirt- schaftliche und soziale Verhältnisse. Antagonismus zwischen Ein- wohnerschaft und Hütte

Ludwig Galvain (1572—1596) . . . . :

Ludwig Pierron, Herr von Bettainvillers ai 569_1614)

Peter und Melchior Gauvain (1614—1627)

Gross-Moyeuvre als Industriedorf . . . . . ats

Peter Abraham Fabert und sein Solın (1627 —1639)

Andere Bisenwerkexin und. bei Moyeuyre..., 1... 0.0

Eisenschmieden im Fentschtale (16. Jahrh.). Export Hayinger Erze nach dem*Ssaar-Gebieter (16111630) u 2 ET ER EE RENTE OR.

Der lothringische 30jährige Krieg. Lage der Industrie gegen Ende des CAT DAUNUNAOTES er NME ES es he

Johann Martin de Wendel, . ... :°=.". B

Die Wirtschaftspolitik Leopold I. (1697-1729) He die er = Die Eisenhütte Moyeuvre im 18. Jahrhundert

Die de Wendel’schen Hütten im 18. Jahrhundert .

Die Revolutionszeit .. . . .

Das französische Berggesetz vom 21. April 1810 und das Berggesetz für

das Reichsland Elsass-Lothringen vom 16. Dezember 1873 Uebersichtskarte . De ee A ee TOME NOI Schema zur Orientierung ur die Lagerung der in Lothringen gefundenen

Eisenerz-Sorten Nachträge

Eine Frauenstatue pergamenischen Stils im Museum zu Metz von Univer- sitätsprofessor Dr. A. Michaelis, Straßburg Wa ar A Keltische Numismatik der Rhein- und Donaulande (IV. Fortsetzung) von Kunsthistoriker Dr. R. Forrer, Strassburg LL LH (seschütze auf antiken Reliefs von Professor Dr. Rudolf Sc Baker, Mühl-

berg a. d. Elbe

Seite

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5. Le chapitre sur le commerce dans les mémoires historiques de l’in- tendant Turgot par le Dr. R. Clement, avocat à la cour d’appel, Nancy

6. Der Einfluß des Orients auf die Kultur und die Christianisierung Loth- ringens im frühen Mittelalter, von Geheimem Archivrat Dr. G. Wolfram, Metz .

Kleinere Mitteilungen Communications diverses. Zur Geschichte des lothringischen Herzogshauses. Die Linie Flörchingen— Ennerv, von Archivassistent Dr. Müsebeck

bicherschau.

Es sind besprochen bezw. angezeigt: Chevreux, Les croix de plomb, dites eroix d’absolution de la région vos- gienne. Extrait du bulletin archéologique 1904, Paris 1905 Heil, Die politischen Beziehungen zwischen Otto dem Grofen und Ludwig IV. von Frankreich (936—954). Historische Studien, veröffentlicht von E. Ebering, Heft 46, Berlin 1903 Far k Glasschrôder, Urkunden zur pfälzischen ren en im Mittelalter. München und Freising 1903 EEE. = Grob, Historische Werke von Eustach von Wiltheim, und ergänzt; Luxemburg 1905 AR Lesort, Les Chartes du Clermontois conservées au musée Condé à Chantili Paris 1904 à er ; A Kelter, Der Briefwechsel en. es Bee and load Ereines heim (1629, 1633—1636). Ein Beitrag zur Kulturgeschichte der Zeit des großen Krieges. Aus der Festschrift des Wilhelm-Gvmnasiums für die 48. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner zu Hamburg im Jahre 1905 DE PET RE DE Hoffmann, Chronik der Gemeinde Stieringen- erde Oberginingen 1905 . Florange, Nicolas Francin, évêque constitutionnel de la Moselle, Paris-Metz 1905 . : : ES SR » SE: Schäfer, F ühmillelalieriene PE RON und nn nca in römisch- fränkischen und italienischen Bischofsstädten (Römische Quartal- schrift 1905, Hu. 2) Re ER diet Vannérus, Les armoiries et les anciens seigneurs de Latour-en-Ardenne (Publications de l'institut archéologique de Luxembourg, 1904, T. XXXIX des Annales) . a ANR Rietschel, Das Burggrafenamt und die Kane Eee a in den deut- schen Bischofsstädten während des früheren Mittelalters. Leipzig 1905 . ee ER Blok, Geschichte der Niederlande, Band 1 Gotha 1902, Band 2 Gotha 1905 Immich, Geschichte des europäischen Staatensvstems von 1660 bis 1789. München und Berlin 1905 . Rudolph, Die Entwickelung der Tendeshore in Rare re Der tation, Tübingen). Trier 1905

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Geschichte der älteren lothringischen Eisen-Industrie,

Von Alfred Weyhmann, Leipzig.

Ueberblick über die Entwicklung der Technik im Eisenhütten- wesen !). Bei der Betrachtung wirtschaftlicher Verhältnisse des Mittel- alters gerät man leicht in Versuchung, Vorstellungen, die sich auf Tat- sachen der Gegenwart stützen, in einem unrichtigen Verhältnisse auf die Vergangenheit zu übertragen. Will man nicht zu falschen Ergebnissen gelangen, so muß man sich vor allem vergegenwärtigen, daß das Wirtschaftsleben des Mittelalters eine Massenproduktion, wie sie uns heute so vielfach vor Augen tritt, nur in seltenen Fällen kannte. Gewisse Güter, wie Getreide, Wein, wollene und leinene Gewebe, mögen wohl bereits in ansehnlicher Menge erzeugt und auch umgesetzt worden sein, indessen die Zahl dieser Artikel, bei denen schon damals von einer Massenproduktion die Rede sein konnte, ist klein, und sicher fehlt darunter noch im 12. und 13. Jahrhundert durchaus dasjenige Produkt, welches heute wohl die erste Stelle unter ihnen einnimmt, das Eisen.

Wenn wir heute von Eisenindustrie reden, so verbinden wir damit unwillkürlich den Begriff der Großindustrie im eigentlichsten Sinne. Dieser Größe entspricht jedoch nicht ihr Alter. Die einzige Großindustrie des Mittelalters ist der Bergbau. Die Eisenerzgewinnung aber fällt im Mittelalter, ja sogar noch bis in die neueste Zeit hinein, nicht unter den Begriff des Bergbaus, weder im rechtlichen noch im technischen Sinne. Sie ist ein Anhängsel des Hüttengewerbes; die Eisenerze sind Eigentum des Grundeigentümers; von einem Regal ist bei ihnen keine Rede?). Andrerseits war der Wert des Eisens als Nutzmetall noch nicht im Entferntesten erkannt. Solange nicht die Technik eine größere Ver- vollkommnung erfahren hatte, blieb auch die Nachfrage gering. Der Wert des fertigen Produkts hätte daher die Kosten eines bergmännischen Tiefbaues um so weniger gelohnt, als an vielen Orten die Erze offen zu Tage lagen. Nur diese wurden also verwertet; der Tagebau bildete die einzige Form der Gewinnung, und die Eisenerzgruben, möchte ich behaupten, unterschieden sich ihrer rechtlichen Natur nach in keiner Weise von einem Steinbruche, einer Ton- oder Sandgrube.

2) Für diesen Abschnitt ist im allgemeinen das fundamentale Werk von Dr. Ludwig Beck, »Die Geschichte des Eisens«, 5 Bde. (Braunschweig 1892-1905), als Quelle benutzt worden.

?) Cf. Gothein, Wirtschafts-Geschichte des Schwarzwalds, I. 652.

Jahrbuch d. Ges, f, lothr. Geschichte u, Altertumsk., 17. Jahrg. l

Wie die Gewinnung, so ist auch die Verarbeitung der Erze lange Jahrhunderte auf der primitivsten Stufe der Technik stehen geblieben. Schon die Alten kannten Mittel, die dazu dienten, die Erze zur Ver- hüttung geeigneter zu machen, ein Verfahren, das man heute als » Aufbereitung« bezeichnen würde. Schon sie »rösteten« die Erze und zerklopften sie zu Haselnussgröße, wobei die fremden Bestandteile, mit denen sie vermischt waren, soweit als möglich, auf mechanischem Wege ausgeschieden wurden. Erst im späteren Mittelalter aber wurde die Wasserkraft zum Antriebe von Pochwerken verwendet, welche diese Zerkleinerungsarbeit weit gründlicher und rascher besorgten als die menschliche Hand. Auch das Waschen der Erze wurde vielfach vor- senommen. Dabei wurde das fließende Wasser über sie hingeleitet, und so die erdigen Beimischungen weggeschwemmt.

Für die eigentliche Verhüttung, d. h. die Darstellung des Eisens aus den Erzen, bediente man sich des Verfahrens, welches wir heute das »direkte« nennen. Die Erze wurden dabei auf offenen Herdfeuern (»Rennherden«) oder in niedrigen Schachtöfen (»Stücköfen«) von etwa 1! m Höhe, deren Glut durch Blasebälge angefacht wurde, zu einem schwammigen, lose zusammenhängenden Metallklumpen, einer »Luppe«, zusammengebacken. Hierzu genügte bereits eine Temperatur von 7—800° C. Eine Schmelzung der Eisenerze (Eisenoxyde) trat dabei aber noch nicht ein. Dieselben wurden vielmehr nur reduziert, d.h. der in ihnen enthaltene Sauerstoff, der mit dem in den Heiz- gasen enthaltenen Kohlenstoffe eine größere Verwandschaft besitzt als mit dem metallischen Eisen, wurde dem Erze entzogen, welches dafür nur geringe Mengen von Kohlenstoff annahm. Die fremden Substanzen, mit denen die Erze nicht chemisch, sondern mechanisch verbunden waren, und die einen im allgemeinen niedrigeren Schmelzpunkt haben, als das Eisen, waren hierbei als flüssige Schlacke zum Teil noch im Innern der glühenden Luppe enthalten. Durch wiederholtes Ausschmieden der Luppe mit dem Handhammer wurde diese Schlacke herausgepreßt, so daß jene am Ende aus einem zwar noch immer unreinen, aber doch brauchbaren Eisen bestand.

Dieser natürlichste und einfachste Prozeß der Eisendarstellung, meist als »Rennarbeit« bezeichnet, war schon im Altertume bekannt und ist Jahrtausende lang in Uebung geblieben.

Als Heizmaterial diente bei diesen Rennherden und Stücköfen allgemein die Holzkohle. Meist wurden sie daher dort errichtet, wo Erze und Holz in umittelbarer Nähe zu finden waren, inmitten der Wälder, oft weit abseits von bewohnten Ortschaften und Verkehrsstraßen:

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»casae in nemore« werden sie wiederholt genannt, und die Schmiede waren gleichzeitig Köhler, die das erforderliche Heizmaterial für ihre Herde selbst herstellten. Die Verwendung der Steinkohle, die sich etwa vom 13. Jahrhundert ab feststellen läßt, blieb naturgemäß auf die nächste Umgebung der Fundstätten beschränkt, da an einen weiteren Transport derselben bei den damaligen Verkehrsmitteln nicht zu denken war.

Im spätesten Mittelalter erst begann man, zum Antrieb der Schmiedehämmer und der Blasebälge, die schon damals einen aufer- ordentlich wichtigen Faktor im Schmiedegewerbe bildeten, die Wasserkraft nutzbar zu machen. Dieser Fortschritt wurde in den verschiedenen Ländern zu sehr verschiedenen Zeiten gemacht. Hier und da erhielten sich Waldschmieden noch Jahrhunderte lang, im wesentlichen aber begann seit dem 14. Jahrhundert die Eisenindustrie die Flußtäler auf- zusuchen und dort ihre Hammerwerke zu errichten, die nun allmählich srößere Dimensionen annahmen. Die vom Wasser angetriebenen Blase- bälge riefen eine weit höhere Temperatur hervor, und um diese besser ausnützen zu können, baute man seit der ersten Hälfte des 15. Jahr- hunderts größere, 2—21/2 m hohe Oefen. Durch ihre allmählichen weiteren Vergrößerungen entstand dann der Hochofen, dessen Ab- messungen heute bis zu einer Höhe von 25 m angewachsen sind.

Die Steigerung der Betriebskraft und der Ofenhitze hatte aber eine weitere Folge von größter Bedeutung. Man erhielt nämlich jetzt nicht mehr teigartige Eisenklumpen, die Luppen, sondern eine tropfbar flüssige Masse, welche von Zeit zu Zeit aus dem Ofen abgelassen wurde: Roheisen! Zum ersten Male war es gelungen, das Eisen zu schmelzen, und damit der Eisenguß ermöglicht. Wie man es bereits seit uralter Zeit mit der Bronze getan, goß man das flüssige Roheisen in Formen und stellte daraus Gebrauchsgegenstände der ver- schiedensten Art her, besonders aber gewährte auch der damals schon erhebliche Bedarf an eisernen Kanonenkugeln der nun erstarkenden Industrie reiche Nahrung. Zwar stellte sich sofort ein großer Uebelstand

heraus: das erkaltete Roheisen war hart und spröde und ließ sich nicht

mit dem Hammer bearbeiten, nicht schmieden. Doch bald erkannte man, daß dieser Fehler verschwand, sobald man das erstarrte Material einer zweiten Schmelzung unterzog. Dieser zweite Prozeß ist das Frischen, für welches sich bald eine große Anzahl verschiedener Methoden herausbildeten. Man lernte so auf indirektem Wege ein Eisen herstellen, welches dem direkt gewonnenen gegenüber verschiedene große Vorzüge besaß: erstens war es bedeutend reiner als das direkt j*

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gewonnene; sodann war die Herstellung großer Stücke ermöglicht ; denn schon die Roheisenmasse, welche sich bei einem Abstich ergab, war in erkaltetem Zustande größer und schwerer als eine im direkten Verfahren hergestellte Luppe; durch Zusammenschmelzen mehrerer solcher »Gänze« (französisch: gueuse) konnten aber ohne Schwierig- keiten recht ansehnliche Massen Schmiedeeisen in einem Stück hergestellt werden: endlich lernte man bald, durch das Frischen nach Belieben Stahl oder Schmiedeeisen zu produzieren, während man bei der Renn- arbeit es meist dem Zufall hatte überlassen müssen, ob eins oder das andere entstand. Ueber die inneren Gründe, auf denen diese Vorgänge und besonders der Unterschied zwischen Stahl und Schmiedeeisen be- ruhen, war man sich aber noch völlig im Unklaren: man nannte eben das härtere Produkt Stahl, das weichere Schmiedeeisen. |

Die jetzt rasch zunehmende Produktion und das beim indirekten Verfahren wiederholt stattfindende Schmelzen hatte nun eine derartige Steigerung des Verbrauchs an Holzkohle zur Folge, daß m manchen Gegenden der Waldbestand von der Vernichtung bedroht erschien. Wohl versuchte man, die Steinkohle, wo sie sich beschaffen ließ, in höherem Maße zur Verwendung heranzuziehen. Aber die Steinkohle in natürlichem Zustande eignete sich wenig zur Heizung der Schmelz- öfen, da die große Menge von Rückständen, welche sie hinterläßt, den Herd verschlackten, und nur ein verhältnismäßig geringer Teil ihrer Heizkraft zur Geltung kam. Einen Ausweg fand erst im Anfange des 18. Jahrhunderts der Engländer Abraham Darby. Durch ein Verfahren, welches dem Verkohlen des Holzes zu Holzkohle ziemlich ähnlich war, verwandelte er Steinkohle in Kok, welches ein vorzügliches Heizmittel abgab, auf dem Kontinente aber erst später Eingang fand. Im Hoch- ofen schüttet man Schichten von Kok und Eisenerz abwechselnd über- einander. In der Regel fügt man noch einen »Zuschlag«, meist Kalk- stein, hinzu, welcher die sich bildende Schlacke, die auf dem flüssigen Eisen schwimmt, dünnflüssiger macht, so daß sie leicht abgesondert werden kann.

Noch weniger als zum Hochofenbetriebe eignete sich aber bei den ursprünglichen Einrichtungen die Kohle zum Frischen. Sie enthält stets Schwefel, was übrigens auch vom Kok gilt. Der Schwefel aber ging beim Frischen regelmäßig in das Eisen über und erzeugte dort einen Fehler, den man als »Rotbruch« bezeichnet; d. h. schon bei 0,01°/o Schwefelgehalt verlor das Produkt, sobald es bis zur Rotglut erhitzt wurde, bedeutend an Schweißbarkeit und Festigkeit. Zum Frischen hat man sich daher bis weit in’s 19. Jahrhundert hinein

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überwiegend der Holzkohle bedient, obwohl es an Versuchen, ein besseres Verfahren zu finden, nie gefehlt hat.

Hierbei wurde die praktische Erfahrung des Hüttenmanns in wert- voller Weise ergänzt durch die glänzenden Erfolge der im Entstehen begriffenen Chemie-Wissenschaft, welcher es nach und nach gelang, die bisher empirisch erkannten Tatsachen aus der chemischen Zusammen- setzung der Erze und des Eisens zu erklären.

Beim Hochofenprozeß geht immer eine gewisse Menge Kohlenstoff (bis zu 6°/o) und, je nach der Beschaffenheit der Erze, bisweilen auch andere, in diesen enthaltene Stoffe (Silicium, Mangan, Phosphor, Schwefel) in das Roheisen über. Das ist zunächst kein Fehler, im Gegenteil ist für gewisse Zwecke das Vorhandensein solcher Stoffe von hohem Werte. Aber im Stahl und im Schmiedeeisen dürfen sie nicht wieder zu finden sein! Sie sollen durch das Frischen beseitigt, der Kohlenstoff wenigstens vermindert werden, und zwar auf dem Wege der Oxydation, also durch Zuführen von Sauerstoff. Die Verbindung des Sauerstofls mit jenen Bestandteilen, ein dem Verbrennen ähnlicher Prozeß, erzeugt Wärme, und zwar ‘unterscheidet man dabei zwei Stufen: das Roh- frischen und das Garfrischen. Im Stadium des Rohfrischens wird der srößte Teil des Kohlenstoffs und die sonst vorhandenen fremden Ele- mente oxydiert. Hierdurch wird die Temperatur erheblich gesteigert, und unter dieser erhöhten Temperatur vollzieht sich eine weitere » Ver- brennung« von Kohlenstoff, das Garfrischen. Von den 3 Modifikationen des Eisens hat das Roheisen also den höchsten Kohlenstoffsehalt, Schmiedeeisen den geringsten, Stahl steht in der Mitte.

Über die sonstigen Eigenschaften dieser ‘drei Eisenarten sei kurz nur Folgendes gesagt. Roheisen ist, wie bereits erwähnt, spröde und nicht schmiedbar. Es dient unter anderm als Material für den Eisengub. Während nämlich anfangs das flüssige Eisen direkt aus dem Schmelz- ofen vermittelst Gießpfannen in Formen gegossen wurde, läßt sich dies heute bei den gesteigerten Dimensionen der Hochöfen nicht mehr durch- führen. Man läßt vielmehr die im Ofen angesammelte flüssige Eisen- masse in einen mit Sand gefütterten Graben und von da in Massel- formen laufen, die ebenfalls aus Sand gebildet sind. Das hier erstarrte Eisen wird an die Eisengießereien verkauft, welche selbständige, vom Hüttenbetriebe völlig losgelöste Unternehmungen darstellen.

Im Gegensatz zu dem spröden Roheisen sind Stahl und Schmiede- eisen zähe. Während jenes bei verhältnismäßig geringer Erhitzung schnell und unvermittelt in den flüssigen Aggregatszustand übergeht, werden Stahl und Schmiedeeisen zunächst weich und dehnbar und

lassen sich daher schmieden Wie hinsichtlich der Schmelzbarkeit, so steht das Roheisen auch hinsichtlich der Härte an erster Stelle; die härteste und kohlenstoffreichste Abart desselben, die auch einen hohen Mangan-Gehalt besitzt, ist das sogenannte »Spiegeleisen«. Schmiedeeisen dagegen ist am weichsten, dermaßen, daß es bis zu einem gewissen Grade eine mechanische Formengebung durch Pressen, Walzen und Ziehen selbst in kaltem Zustande gestattet. Stahl, der auch hier in der Mitte steht, zeigt in Bezug auf Härte die Eigentümlichkeit, daß er, stark erhitzt, und alsdann langsam abgekühlt, weich wird; kühlt man ihn jedoch rasch ab, z. B. durch Eintauchen in kaltes Wasser, so wird er hart, und zwar fast so hart, wie Spiegeleisen, doch ohne spröde zu werden. Man kann den langsam erkalteten, »ungelöschten« Stahl mit dem rasch erkalteten, »gelöschten« feilen, bohren und schneiden, was bei den anderen Eisensorten nicht der Fall ist.

Im umgekehrten Verhältnis zur Härte steht die Schweißbarkeit: sie ist am größten beim Schmiedeeisen, sodann folgt weicher Stahl; harter Stahl ist bereits nicht mehr schweißbar, Roheisen erst recht nicht.

Die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Eisens wurden wissenschaftlich zuerst von Reaumur und anderen französischen (Gelehrten des 18. Jahrhunderts untersucht. Sie blieben zwar von der Erkenntnis des wahren Sachverhalts in vielen Punkten noch weit entfernt, doch gelangen Reaumur auf theoretischem Wege zwei hoch- wichtige Erfindungen : die Cementstahlfabrikation und die Darstellung des schmiedbaren Gußeisens, auf die ich aber hier nicht näher eingehen kann. Die von Reaumur entdeckten Verfahren wurden: übrigens von fachmännischen Empirikern schon vorher angewendet, aber streng geheim gehalten. Besonders in England begann damals die Eisenindustrie sich kräftig zu entwickeln. Dort erfand 1740 Benjamin Huntsman den Tiegelgußstahl, der zur Herstellung der feinsten Werkzeuge ver- wendet wird, und dem Sheffield und Birmingham ihre Blüte verdanken. Eine völlige Umwälzung in der Eisenindustrie aber wurde durch die Erfindung der Dampfmaschine hervorgerufen, und zwar in zwei Rich- tungen: einerseits stieg der Bedarf an Eisen, und zwar besonders Eisen bester Qualität, in einer vorher ungeahnten Weise, andererseits war die Folge eine abermalige örtliche Verschiebung der Produktionsstätten. Bisher war das Vorhandensein einer Wasserkraft von maßgebendem Einflusse auf die Wahl des Ortes bei der Anlage von Eisenhütten ge- wesen. Die Benutzung der Dampfkraft ermöglichte es, solche überall zu errichten, wo Eisen und Kohle nahe bei einander zu finden waren, und bekanntlich ist England in dieser Hinsicht von der Natur be-

sonders begünstigt. Wohl in keiner anderen Industrie fand die Dampf- maschine sehr bald eine so mannigfaltige und so ausgedehnte Ver- wendung wie in der Eisenindustrie, unmöglich aber hätte man dem so gesteigerten Bedarfe auf die Dauer genügen können, wenn es nicht endlich gelungen wäre, statt der immer kostspieliger werdenden Holz- kohle die Steinkohle auch beim Frischprozeß mit Erfolg zu verwenden.

Das Verdienst, dies ermöglicht zu haben, gebührt dem Engländer Cort, welcher 1788 den Flammofen erfand. Bei diesem Ofen wird die Kohle auf einem seitlich vom Schmelzherde befindlichen Roste ver- brannt und bleibt von dem zu frischenden Eisen durch eine »Feuer- brücke« räumlich geschieden. Nur die entwickelten Heizgase werden diesem zugeleitet und so ein Übergehen des Schwefels aus der Kohle in das Eisen unmöglich gemacht. Die zugeleiteten Gase wirken natur- gemäß nicht so intensiv, wie dies der Fall ist, wenn das Eisen un- mittelbar der Kohlenglut ausgesetzt ist. Wie Cort sehr bald bemerkte, vollzog sich die Entkohlung des Roheisens nur langsam und unvoll- kommen. Er suchte deshalb dem Sauerstoff der Luft bequemeren Zutritt zu der schmelzenden Masse zu gewähren und ließ zu diesem Zwecke das Eisenbad mit eiseren Stangen fortgesetzt umrühren. Auf diese Weise kommen alle Teile desselben mit der Luft in Verbindung: mit Hilfe des Sauerstoffs werden Mangan, Silicium u. s. w. sowie der größte Teil des Kohlenstoffs oxydiert, in der flüssigen Masse aber, in welche das Eisen dabei übergeht, bleiben die einzelnen Eisenkrystalle, die Moleküle, noch immer ungeschmolzen. Die Temperatur, die erfor- derlich wäre, um auch diese in den flüssigen Aggregatszustand über- zuführen, wird nicht erreicht. Vielmehr hat das Eisen nach gewisser Zeit seine Natur durch die Entkohlung soweit verändert, dab es nicht mehr als Roheisen, sondern als Schmiedeeisen anzusehen ist; und da dessen Schmelzpunkt über 1500 ° C. liegt, kann es sich im flüssigen Zustande nicht erhalten. Das Eisenbad wird immer dickflüssiger, das Umrühren, welches diesem Verfahren den auch ins Deutsche über- nommenen Namen des »Puddel«-Prozesses verschafft hat, wird immer schwieriger. Dann müssen Brechstangen zu Hilfe genommen werden, um die teigig werdende Masse aufzubrechen, bis schließlich die Eisen- partikelchen sich immer fester zusammenschweißen. Den sich bildenden Klumpen, die auch hier »Luppen« heißen, wird noch im Ofen eine rohe Form gegeben und sodann die glühende Masse mit der Zange erfaßt und unter den großen Hammer gebracht. Dieser preßt mit seinen wuchtigen Schlägen die in der Luppe enthaltenen Schlackenteile heraus und schmiedet jene zu einem vierkantigen Block aus, der seine

weitere Verarbeitung im Walzwerk oder in einem besonderen Hammer- werk findet.

Hatte man anfangs im Puddelverfahren nur weiches Schmiedeeisen herzustellen vermocht, so gelang es nach manchen vergeblichen Ver- suchen doch auch, Puddelstahl zu fabrizieren, ein Geschäftszweig, in dem die westfälischen Werke 1851 auf der Londoner Weltausstellung ihre großen Erfolge errangen.

Im allgemeinen aber war England quantitativ wie qualitativ allen übrigen Ländern in der Herstellung sämtlicher Eisensorten weit voraus, sodaß der starke Bedarf an Eisenbahnmaterial, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts in allen Kulturstaaten gleichzeitig auftrat, im Wesent- lichen in England gedeckt werden mußte. Ein noch stärkeres Ueber- gewicht aber gewann es durch die Erfindung, die Henry Bessemer 1855 sich patentieren ließ.

Wir hatten gesehen, daß beim Puddelverfahren eine Schmelzung der einzelnen Eisenmoleküle nicht eintritt, daß diese vielmehr an ein- ander anschweißen und so eine Masse bilden, die sich aus einer Vielheit von Einzelpartikeln zusammensetzt. Außerdem bleibt im Innern doch bisweilen noch Schlacke zurück. Hierunter leidet natürlich die Zerreiß- festigkeit des Produkts, und um diesen Fehler zu beseitigen, bemühte sich Bessemer, die Hitze derart zu steigern, daß auch die einzelnen Eisenmoleküle geschmolzen werden sollten. Zu diesem Zwecke ließ er stark gepreßte Luft vermittelst eines Röhrengebläses in das Innere des flüssigen Roheisenbades einblasen und brachte so weit größere Mengen von Sauerstoff in innige Verbindung mit dem Eisen, als dies bei dem bloßen Umrühren geschah. Silicium, Mangan, Kohlenstoff u. s. w. oxvdieren dabei unter ganz auberordentlicher Wärme-Entwicklung, und ohne daß ein andrer Brennstoff hinzugefügt wird, als der Sauerstoff der atmosphärischen Luft, wird die Temperatur des Eisenbades um nahezu 1000° gesteigert. Infolge dieser Hitze schmelzen auch die einzelnen Eisenmoleküle. Die Schlacke, die spezifisch leichter ist, schwimmt oben auf, so daß sie leicht beseitigt werden kann, das Eisen aber, welches in Formen zu Blöcken gegossen wird, bildet nach dem Erkalten nicht eine Menge zusammengeschweißter Einzelteile, sondern ein Ganzes, das höchstens noch Gase, aber keine Schlacken mehr enthält.

Alle früher hergestellten Eisensorten mit Ausnahme des Tiegel- gußstahls, der jedoch sehr teuer zu stehen kam und eine Massen- produktion auch aus technischen Gründen kaum gestattete, waren Schweißeisen, bezw. Schweißstahl gewesen, mit Bessemer beginnt die Periode des Flußeisens und Flußstahls. Neben der erhöhten Zerreiß-

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festigkeit des Fabrikats besteht der Hauptvorteil gegenüber den Erzeug- nissen des Puddelverfahrens besonders in seiner Billigkeit. Das Puddeln setzte ferner sehr geschickte Arbeiter voraus, die genau zu beurteilen wußten, wie lange das Rühren fortgesetzt werden mußte und wann mit dem Aufbrechen zu beginnen war. Die Arbeit vor dem glühenden Ofen, die standenlang ununterbrochen fortgesetzt werden mußte, war überaus anstrengend, namentlich so lange sie durch Menschenhand verrichtet werden mußte, späterhin erfolgte das Rühren durch maschinelle Vorrichtungen. In Bessemers Apparat dagegen, dem Konverter, nach seiner Form auch Bessemer-Birne genannt, vollzieht sich der ganze Prozeß fast automatisch, sobald nur die nötigen Vorrichtungen vorhanden sind, an die allerdings hohe Anforderungen gestellt werden. Er vollzieht sich vor allen Dingen mit überraschender Schnelligkeit, denn: um 5000 kg Roheisen in schmiedbares Eisen zu verwandeln, war beim Holzkohlenfrischen auf dem Herd eine Arbeitsdauer von etwa 11/2 Woche erforderlich; beim Puddelprozeß erreichte man das Gleiche in 1/2 Tagen, beim Bessemern in 20 Minuten.

Hatte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Holzkohlen- frischen dem Steinkohlenfrischen weichen müssen, so ist seine zweite Hälfte durch den Sieg des Flußeisens über das Schweißeisen charakterisiert. Daß letzteres heute noch verhältnismäßig ausgebreitete Verwendung findet, erklärt sich daraus, daß es etwas leichter schweißbar und schmiedbar ist als jenes. Es erfordert nicht eine so sorgfältige Be- handlung, und wird daher vom Handwerker gern bevorzugt, obwohl das Interesse des Konsumenten für die Verwendung des vollkommneren Produkts, des Flußeisens, spricht.

Bevor ich aber die Entwicklung des Frischprozesses weiter ver- folge, muß ich. einiger andrer Momente gedenken, die in der Entwick- lung der Technik besonders hervortreten. Zu diesen gehört vor allen die Verwendung der Hochofengase, die man früher über dem Hochofen in einer mächtigen Flamme hatte verbrennen lassen. Man begann, zuerst in England, sie unverbrannt zur Hüttensohle herabzuleiten und benutzte sie vermittelst besonderer Gebläsemaschinen dazu, den Hoch- öfen den nötigen Wind zuzuführen, der außerdem durch sie vorgewärm! wurde. Die erzielte Ersparnis an Brennmaterial war außerordentlich. Dort, wo Hochofenbetrieb und Puddelbetrieb örtlich verbunden waren, wurde erhitzter Wind auch zur Beschleunigung des Puddelprozesses verwendet. Dies führte dann dazu, dort, wo keine Hochöfen bestanden, für den Puddelprozeß Gas in eigens dazu geschaffenen Apparaten, den »Generatoren«, zu erzeugen; man ging zum Gaspuddeln über. Siemens

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vervollkommnete 1860 die Gas-Bereitung durch Verbindung mehrerer Generatoren; dieser Siemens’sche »Gruppen-Generator« oder » Regene- rativ-Feuerung« liefert ein gleichmäßiger zusammengesetztes, trockeneres Gas und dementsprechend eine höhere Temperatur. Er findet Ver- wendung im Siemens-Martin-Prozeß, von dem weiter unten die Rede sein wird. Die großartigste Verwendung endlich fanden die Hochofen- gase als Heizmittel für die Dampfkessel der Stahl- und Walzwerke, die gegenwärtig am zweckmäßigsten in nächster Verbindung mit dem Hochofenbetrieb angelegt werden. Sowohl die mächtigen Dampfmaschinen, die dem Eisenbade im Konverter die Luft einblasen, wie auch die- jenigen der Walzwerke, in denen der Stahl zu Schienen, Profileisen, Blechen, Draht u. s. w. ausgewalzt wird, werden alsdann zum grossen Teil mit den überflüssigen Gasen der Hochöfen geheizt, denselben (rasen, die dereinst ungenützt in der Luft verloderten.

Die großen Hofinungen, welche man auf die Erfindung Bessemers gesetzt hatte, schienen sich indessen nicht sofort in vollem Umfange erfüllen zu wollen. Es stellte sich vor allem heraus, dass bei seinem Verfahren nur solches Roheisen verwendbar war, welches keinen Phosphor enthielt. Andernfalls fand sich der Phosphor stets im fertigen Produkt wieder, wodurch dasselbe für viele Zwecke unbrauchbar wurde. Denn phosphorhaltiges Eisen und ebensolcher Stahl besitzen bei ge- wöhnlicher Temperatur bereits eine bedeutend verminderte Festigkeit, ein Fehler, den man mit »Kaltbruch« bezeichnet. Phosphorfreie Eisen- erze sind nun zwar in Menge in England zu finden, aber nicht so in Deutschland. Die deutschen Industriellen waren daher im wesentlichen auf den Bezug von englischem Roheisen oder von phosphorfreien Erzen angewiesen, welche Spanien am billigsten lieferte.

War die deutsche Industrie hierin England gegenüber bedeutend im Nachteile, so war es ihr auf einem anderen Gebiete gelungen, die englische Konkurrenz zu schlagen; Friedrich Krupp war es, der aus westfälischem Puddelstahl einen Tiegelgußstahl herstellte, der an Güte dem englischen zum mindesten nicht nachstand und an Billigkeit ihn bald übertraf.

Aber auch den Vorsprung, den England im Bessemer-Verfahren Deutschland gegenüber hatte, wurde eingeholt, und zwar war es ein Engländer selbst, Gilchrist Thomas, der 1878 den Weg hierzu zeigte. An Versuchen, den Phosphor während des Entkohlungsprozesses in der 3essemer-Birne auszuscheiden, hatte es natürlich schon vorher nicht gefehlt; man hatte auch erkannt, daß man den gewünschten Erfolg erzielte, sobald man die Wandungen der Birne im Inneren statt der

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bisher angewendeten säurereichen Steine mit einem basischen Material ausfütterte. Es bildete sich alsdann eine basische Schlacke, welche den Phosphor aufnahm. Aber die basischen Futter, mit denen man Versuche machte, hielten der in der Birne herrschenden Temperatur nicht stand. Thomas nun stellte ein Futter aus Kalk und Magnesia her und fügte dem flüssigen Eisen einen Zuschlag von Kalk bei. Das Futter erwies sich als feuerfest und aller im Eisen enthaltene Phosphor ging in die Schlacke, die, als Thomas-Schlacke bekannt, durch diesen Phosphorgehalt einen früher ungeahnten Wert erhielt. Zu Mehl ver- mahlen, gibt sie ein vorzügliches Düngemittel, das Thomasmehl, und während sonst in Eisenhütten die Beiseiteschaffung der unendlichen Mengen von wertloser Schlacke oft Schwierigkeiten und Kosten bereitete, erwies zich die Thomas-Schlacke als ein wertvolles Nebenprodukt, das stets einer starken Nachfrage begegnete.

Eine andere Verbesserung endlich erfuhr die Flußeisen-Darstellung im Siemens-Martin-Prozeß. Mit der von Siemens erfundenen Regenerativ- Feuerung vermochte man schließlich solch hohe Temperaturen zu erzeugen, daß man die Bessemer-Birne mit ihren Rohrgebläsen, die hohe Anlagekosten erfordern, entbehren konnte. Die Gebrüder Martin, Elsässer von Geburt?), benutzten einen gewöhnlichen Flammofen mit einer Regenerativ-Feuerung, um Schmiedeeisen-Abfälle, sogenannten »Schrotte, für den sich sonst nur schwer Verwendung findet, mit Roheisen zusammenzuschmelzen. Die hohe Temperatur ließ ein in jeder Hinsicht befriedigendes Flußeisen entstehen, dessen Härte und Kohlenstoffgehalt sich bequem durch das Mischungsverhältnis und durch Zusätze von Spiegeleisen u. dergl. abstufen ließ. Der Ofen war hierbei anfangs mit saurem Material gefüttert, und infolgedessen nur phosphor- freies Roheisen verwendbar. Nach Bekanntwerden der Thomas’schen Erfindung fütterte man auch den Flammofen basisch und konnte nun auch hier phosphorhaltiges Roheisen mit gleichem Nutzen verwenden. Man unterscheidet hiernach den sauren und den basischen Martin-Prozeß. Auch bei letzterem entsteht, wie im Konverter, die Thomas-Schlacke, so daß er wohl nicht nur die einfachste, sondern auch wirtschaftlichste von allen bisher angewandten Frischmethoden darstellt.

Seit wann giebt es eine lothringische Eisen-Industrie? Dal unter dem Einflusse der Thomas’schen Erfindung die deutsche Eisen- industrie einen gewaltigen Aufschwung nahm, ist leicht erklärlich.

1) So nach Wedding, Das Eisenhüttenwesen, 5. 81.

Mehr als anderswo aber zeigte sich dies im westlichen Teile Lothringens. Die dortigen Eisenerzlager sind bei weitem die ergiebigsten im ganzen deutschen Reiche: nach den niedrigsten Schätzungen enthalten sie heute noch über 2, nach andern über 3 Milliarden t abbauwürdige Erze. Jedenfalls reichen sie auch bei zunehmender Produktion noch für mehrere Jahrhunderte aus, was bei den meisten andern Eisen-Distrikten Deutschlands und auch bei dem benachbarten Luxemburgischen fraglich erscheint). Die Erze, allgemein als Minette bezeichnet, bestehen aus lauter kleinen Brauneisensteinkügelchen, die durch ein vorwiegend eisen- schüssiges oder kalkiges Bindemittel mit einander verkittet sind. Sie bedürfen daher bei der Verhüttung keines besonderen Zuschlags. Wegen der fischrogenähnlichen Struktur nennt man sie auch rogensteinartige oder oolithische Eisenerze?). Besonders charakteristisch aber ist ferner für sie der starke Phosphorgehalt, der !/2—2°/, beträgt?) und sie für das Thomas-Verfahren und den basischen Martin-Prozeß besonders geeignet macht.

Man begegnet nun vielfach der Annahme, daß vor Erfindung dieser Produktionsverfahren eine nennenswerte Ausbeutung der Minette über- haupt nicht stattgefunden habe. Noch in einer unlängst erschienenen Veröffentlichung ?) sagt der Verfasser, Otto Bosselmann: »Die auf Minette basierte Produktion begann in recht bescheidenem Umfange anfangs der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts«. Auch Beck?) ist der An- sicht, daß sie »im Altertume« nur wenig beachtet worden sei. Ich möchte nun doch zum mindesten Bosselmann und damit der allgemein herrschenden Ansicht gegenüber behaupten, daß eine Ausbeutung der Minette allerdings schon in früheren Jahrhunderten stattgefunden und zeitweise eine recht ansehnliche Bedeutung gewonnen hat. Gerade an zwei Hauptpunkten der heutigen Minette-Industrie, bei Moyeuvre und Havingen, bestand schon im Mittelalter eine verhältnismäßig stark entwickelte Eisenproduktion, die ihre Lebensfähigkeit, wie es scheint ohne wesentliche Unterbrechung, bis auf die Gegenwart bewiesen hat. Inwieweit diese Produktion gerade auf die oolithischen Erze basiert war, würde nun besonders zu untersuchen sein, wobei man meines Krachtens folgende Punkte nicht außer Acht lassen darf: An beiden

') »Das Reichsland Elsass-Lothringen«, herausgegeben vom Statistischen Bureau des Ministeriums für Elsaß-Lothringen, Bd. I, S. 142.

?) Ebenda, Bd. 1, S. 40.

3) Wandersleben, Vorkommen der oolithischen Eisenerze, S. 7.

*) Schriften des Vereins f. Soc.-Pol., 1903: Die Störungen im deutschen Wirtschaftsleben während der Jahre 1900 ff., Bd. II, S. 5.

5) Geschichte des Eisens, Bd. Il, S. 855.

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Orten konnten die Erze am Ausgehenden mit Leichtigkeit ohne Tiefbau gewonnen werden; sie lagen offen zu Tage. . Daß der menschliche Erwerbssinn nicht wenigstens versucht haben sollte, sie nutzbar zu machen, wäre beispiellos. Man wird zwar nicht bestreiten können, daß das aus ihnen gewonnene Eisen wegen des Phosphor-Gehaltes minderwertig und für manche Zwecke überhaupt nicht zu gebrauchen war, aber wertlos war es doch deswegen noch nicht. Auch phosphorhaltiges Eisen hat auf der andern Seite wieder Vorzüge: es eignet sich für Gegenstände, die keinen Stoß auszuhalten haben, es läßt sich in der Wärme gut verarbeiten und biegen, es ist gut schweißbar und zwar bei geringerer Hitze als andre Eisensorten, es rostet nicht so leicht und nimmt schöne Politur an, es ist endlich zu Gußwaren sehr geeignet, da sehr dünnflüssig !). Man wird hiernach auf eine Verwendung der Minette doch wenigstens von dem Zeitpunkte an schließen können, wo es gelang das Eisen zu gießen. Fraglicher könnte erscheinen, ob man das Gleiche für die Zeit der direkten Eisendarstellung annehmen darf, zumal die Erze nicht übermäßig reich an Eisengehalt sind. Derselbe beträgt nur 30—40, bei ausgeschiedenen Stücken auch wohl 45%0?), und der Gehalt an kohlensaurem Eisenoxvdul wurde bei dem direkten Verfahren nur ungenügend reduziert und ging in die Schlacken. Auch die eigentümliche Struktur der Erze dürfte die direkte Eisendarstellung technisch erschwert haben. Andrerseits wird man sich sagen müssen, daß die Menschheit heutzutage durch die Leistungen der Industrie ent- schieden stark verwöhnt ist. Mir will es sehr fraglich erscheinen, ob man in früheren Jahrhunderten auch nur annähernd gleich hohe An- forderungen an alle eisernen Gegenstände gestellt hat, wie dies heute geschieht. Sollte man nicht für so manchen Zweck in Ermangelung einer erstklassigen Ware sich auch mit einer geringeren begnügt haben, wenn sie nur einigermaßen brauchbar war? Man wird ferner bedenken müssen, daß das Eisen wegen seiner Schwere für den Wanderhandel in einer an billigen Verkehrsmitteln noch armen Zeit gewiß sehr wenig geeignet war, und daß daher überall, wo dies irgend möglich war, der Bedarf durch eine lokale Produktion gedeckt wurde, deren Umfang aus eben diesen Gründen natürlich beschränkt war.

Diese Erwägungen dürften es gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn ich in Nachstehendem versuche, den Spuren des Eisenwesens im westlichen Deutsch-Lothringen, soweit sie sich in die Vergangenheil zurückverfolgen lassen, nachzugehen. Um ein möglichst übersichtliches

1) Ebenda, Bd. II, S. 501.

?) Wandersleben, a. a. O., S. 6.

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Bild zu geben, sollen sich meine Ausführungen jedoch räumlich auf das Gebiet des Orne- und Fentsch-Tals beschränken, und soll auch eine zeitliche Beschränkung derselben insofern eintreten, als ich auf die prähistorischen Funde nicht eingehen werde, die auch hier gemacht worden sind. Aus diesen, vom archäologischen wie auch technischen Standpunkte aus gewiß interessanten Funden lassen sich zum min- desten auf das Wirtschaftsleben der Vergangenheit keine sicheren Schlüsse ziehen.

Im frühen Mittelalter. Der Gebrauch des Eisens war bereits in den Jahrhunderten der Völkerwanderung und der ersten germanischen Staatenbildung im Mitteleuropa bekannt. Handschriftliche Quellen über seine wirtschaftliche Bedeutung sind aus dieser Zeit nicht er- halten. Erst unter Karl dem Großen finden wir es in den von ihm erlassenen Verwaltungsvorschriften erwähnt. Sein capitulare de villis!) weist im Artikel 62 die an der Spitze der königlichen Domänen stehenden Beamten (judices) an, jedes Jahr zu Weihnachten eine genaue Nachweisung der Wirtschaftserträgnisse einzureichen. In dieser ist unter anderem auch ersichtlich zu machen, was die zu den Domänen gehörenden Eisenerzgruben eingebracht haben: »ut unus quisque judex per singulos annos quid de....,de...., etc. de ferrarisiet scrobis, id est fossis ferrariciis, vel aliis fossis, plumbariciis.... habuerint, omnia seposita, distincta et ordinata ad nativitatem Domini nobis notum, faciant, ut scire valeamus, quid vel quantum de singulis rebus habeamus«. Um die Ausbeutung dieser fossae ferrariciae vor- nehmen und das Eisen weiter verarbeiten lassen zu können, sollte jeder (!) Domänenvorstand für die Ausbildung von Eisenschmieden unter seinen Leuten sorgen; Artikel 45 sagt: »ut unusquisque judex in suo ministerio bonos habeat artifices, id est fabros ferrarios et aurifices vel argentarios, sutores, tornatores, carpentarios, scutarios etc.« Die Eisen- schmiede werden also an erster Stelle genannt, was gewiß nicht ohne Bedeutung ist. Und unter den Geräten, die laut Artikel 42 auf jedem (!) Dominalhofe vorrätig gehalten werden sollen, werden auch erwähnt: eiserne Gefäße, (vasa ferrea); eiserne Feuerböcke (andedi, französisch andier oder landier): Ketten (catenae); Aexte (dolaturae); Spitzhauen (secures id est cuniadae); Bohrer (terebri id est taradri): Messer (scalpri) u. a. »Und die Eisenwaffen (ferramenta), mit denen sie in’s Feld rücken, sollen sie innerhalb ihres Bezirks in gutem Stand erhalten, und nach der Rückkehr sollen sie wieder auf die Kammer gegeben

') Monumenta Germaniae Historica, Leges, Bd. I, (ed. Pertz.)

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werden (et iterum quando revertuntur, in camera mittantur).« Auch soll man nach Artikel 68 jederzeit Fässer mit eisernen Reifen (barriclos ferro ligatos) bereit liegen haben, sei es um sie mit ins Feld zu nehmen, sei es um sie auf Befehl an den Hof zu senden.

Will man sich ein Bild von der Art und Weise machen, in welcher die Produktion des Eisens stattfand, so kann man bei der damaligen Arbeitsverfassung nur annehmen, das es Hörige des Do- maniums waren, welche die Erze in den fossae ferrariciae gewannen, daraus die Luppen herstellten und vielleicht auch selbst verarbeiteten, soweit das letztere nicht durch die Handwerker in den Werkstätten geschah, die, wie mit den Klosterhöfen, so auch mit den größeren Do- mänengütern verbunden waren.

Die Erzgruben aber lagen zumeist isoliert im Walde, entfernt von den Gütern, und um die dort arbeitenden Leute zu verpflegen, wies man ihnen ein Stück Land zu, welches sie wohl selbst erst roden mußten, und auf dem sie alsdann, neben der Schmiede- und Köhler- arbeit, die sie verrichteten, auch Landwirtschaft trieben. Die Zahl der auf einer solchen »Waldschmiede« angesiedelten Kolonen wird ebenso wie das ihnen zugewiesene Hufenland nicht groß gewesen sein. Wenn man aber bedenkt, daß nach der Vorschrift jeder Domänenleiter sich für die Ausbildung der Schmiede interessieren sollte, so müssen in jener Zeit eine nicht unbeträchtliche Menge von Waldschmieden bestanden haben oder neu entstanden sein.

Zu den am dichtesten bevölkerten Teilen des weiten Frankenreichs sehörte nun unter Karls des Großen Herrschaft das von mehreren Hauptstraßen durchschnittene Gebiet, welches zwischen den alten Bischofsstädten Metz, Toul, Verdun und Trier liegt. Schon damals bestanden alle die zahlreichen Ansiedlungen, deren Namen mit der Endsilbe -ingen gebildet sind; das Gleiche gilt von denen auf -ville. Neben den genannten Bischofssitzen hatte die reich begüterte Abtei Gorze einen starken Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Gegend, vor allem aber waren es die königlichen Domänen, von welchen dieselbe abhängig war. In Metz befand sich eine der bedeutendsten Kaiserpfalzen. Flörchingen wird 893 als curia regia bezeichnet, und scheint ursprünglich Bestandteil der Domäne Diedenhofen gewesen zu sein, die als solche bereits 753 erwähnt wird. Ein Königsgut war, wie es scheint, auch Hayingen, während Briey ursprünglich Kirchengut des Metzer Bistums gewesen sein soll !). Die wirtschaftliche Organisation

3) Vergl. die betr. Artikel des Ortschaftsverzeichnisses in: »Das Reichsland Klsaß-Lothringen«.

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der Kirchengüter stand aber in jener Zeit derjenigen der königlichen kaum nach. Auch sie werden sicherlich Waldschmieden und Werk- stätten gehabt haben, in denen Eisen produziert und verarbeitet wurde. Wo befanden sich nun, so frage ich, die zu den genannten Pfalzen, Königs- und Kirchengütern gehörigen fossae ferrariciae ?

Beck!) weist darauf hin, daß dort, wo Waldschmieden bestanden, sich später oft Ortschaften bildeten, deren Namen dann vielfach durch ihre Ableitung von ferrum, faber oder fornax auf ihren Ursprung hin- deuten. In dem uns hier interessierenden Gebiete würde dies nur auf Fêves zutreffen, doch erscheint dieses erst im Jahre 1127 unter dem Namen Fabres in der Geschichte?). Daß es aus einer oder vielmehr aus 2 Waldschmieden entstanden ist (denn es war ehemals in Haute- und Basse-Fêves geteilt), ist mit Sicherheit anzunehmen; wem aber diese Schmieden ihre Gründung verdankten, ist mir nicht bekannt. Dagegen bestand schon im Jahre 871 dort, wo der Conroy-Bach in die Orne mündet, eine Ansiedlung »subterior modover« und weiter oberhalb am Conroy-Bach eine »villa cujus vocabulum est in superiori modover«, das heutige Groß- und Klein-Moyeuvre. Beide Ortschaften werden unter dieser Bezeichnung zum ersten Male in einer Urkunde der Abtei Gorze?) aus dem Jahre 871 gelegentlich eines Austauschs von je einem mansus in den beiden modover erwähnt. Gerade im Rhein- und Mosellande sowie in Nordfrankreich besteht nun, wie Meitzen*) nachweist, fast regelmäßig ein Zusammenhang zwischen den Ortsnamen und der Art, wie die Ansiedlungen entstanden sind, eine genügende Erklärung für die Bedeutung des Namens Moyeuvre ist aber meines Wissens noch nicht gegeben.

Einen Versuch hierzu hat Uibeleisen gemacht’). Derselbe geht jedoch nicht von der ältesten bezeugten Form Modover, sondern von der im 10. Jahrhundert auftauchenden Form Moebrium aus. Er glaubt darin das keltische Wort bri Berg wiederzufinden und konstruiert aus lautgesetzlichen Möglichkeiten eine ursprüngliche Form, die etwa Mogetobrium »Berg des Mogito« gelautet haben soll; Mogito